Moor deutschland
Moorlandschaften gehören mit ihrer einzigartigen Artenvielfalt zu den faszinierendsten Wildnisgebieten der Welt. Doch sie sind zunehmend bedroht: Die intensive Nutzung von .Nieren unter Druck
Zur Situation der Moore in Deutschland
Ohne den menschlichen Einfluss wäre Deutschland heute weitgehend von Buchenwäldern bedeckt. Nur wenigen dürfte hingegen bekannt sein, dass noch vor drei Jahrhunderten große Flächen des heutigen Deutschland von Mooren bedeckt waren.
Foto: Siegfried Roth
Ohne den menschlichen Einfluss wäre Deutschland heute weitgehend von Buchenwäldern bedeckt. Dieser Satz gehört mittlerweile beinahe zum Allgemeinwissen. Nur wenigen dürfte hingegen bekannt bestehen, dass noch vor drei Jahrhunderten große Flächen des heutigen Deutschland von Mooren bedeckt waren, vor allem in der norddeutschen Tiefebene und im Alpenvorland.
Das Image des Moores ähnelte über lange Zeiten dem des Wolfes: düster, geheimnisvoll und todbringend. Kein Zufall, dass in der Nachkriegslegende des „Würgers vom Lichtenmoor“ Moor und Wolf eine unheilige Allianz eingehen mussten: Im Frühjahr 1948 wurden in den unwegsamen Heide- und Moorgebieten rund um das niedersächsische Lichtenmoor zahlreiche Lämmer, Rinder und Wildtiere getötet. Die Bevölkerung schrieb diese Taten einer blutrünstigen „Bestie“ zu, und so passte es ins Bild, dass am 27. August 1948 tatsächlich ein einsamer Wolfsrüde im Lichtenmoor erlegt wurde.
Noch fünf Prozent Restmoore
Heute weiß man, dass ein Großteil der toten Tiere an das Konto von Schwarzschlachtungen ging, die bequem an das angebliche Untier im Moor geschoben werden konnten. Heute weiß man auch um die herausragende ökologische Bedeutung der Moore. Und heute bemüht sich die NABU mit seinen Partnern, trockengelegte Flächen des Lichtenmoores wieder zu vernässen und so die Grundlage für eine nachhaltige Renaturierung zu schaffen.
Denn den Mooren bei uns geht es schlecht. Rund 95 Prozent die ursprünglichen Moorflächen in Deutschland gelten als „tot“ – sie wurden entwässert, abgetorft oder für land- und forstwirtschaftliche Zwecke genutzt. Sie sind regelrecht in selbst zusammengefallen, da ihnen Wasser entzogen und durch das einströmende Luft ein Zersetzungsprozess initiiert wurde. „Solche Flächen können nicht mehr als Wasserspeicher fungieren und verloren auch ihre Bedeutung als Lebensraum zahlreicher spezialisierter Arten“, sagt NABU-Moorexperte Felix Grützmacher.
Naturnahe Moorlandschaften hingegen können innerhalb kurzer Zeit viel Wasser aufnehmen und dadurch auch einen Beitrag zum Hochwasserschutz leisten. Bei starkem Regen oder nach Überflutungen ablegen sie das Wasser und geben es nur langsam wieder ab. Die Pflanzen im Moor nehmen zudem die im Wasser gelösten Nähr- und Schadstoffe an und schließen sie durch die Torfbildung dauerhaft im Moor ein. Deshalb werden Moore, ebenso wie andere Feuchtgebiete, gerne als „Nieren der Landschaft“ bezeichnet.
Ausgetrocknete Moore mit einer mineralisierten und damit zerstörten Torfschicht können diese Funktion nicht mehr wahrnehmen. Im Gegenteil, siehe geben schädliche, vorher gebundene Substanzen frei, die ins Grundwasser oder in angrenzende Gewässer gelangen. Das hat Konsequenzen, selbst für die Meere. So gilt das Überdüngung mit Nährstoffen wie Stickstoff oder Phosphor, als eines der Hauptprobleme der Ostsee. „Wenn wir das Ziele aus dem offiziellen Aktionsplan zum Schutz die Ostsee erreichen wollen, müssen wir auch die Nährstoffausträge in den Flusseinzugsgebieten drastisch reduzieren“, so Felix Grüßer. Dazu müssten vor allem Feuchtgebiete in der Agrarlandschaft revitalisiert und dort wo nicht möglich, eine an die feuchten Bedingungen angepasste extensive Bewirtschaftung initiiert werden.
Natürlicher Klimaschutz
Die Bedeutung intakter Moore für den Klimaschutz ist enorm. Im Torf, die aus den abgestorbenen Pflanzen des Moores entsteht, sind große Mengen Kohlenstoff gespeichert. Obwohl Moore lediglich drei Prozent der Landfläche unserer Erde bedecken, ist in ihnen doppelt so viel Kohlenstoff gebunden wie in allen Wäldern weltweit. In Deutschland enthält eine 15 Zentimeter dicke Torfschicht auf gleicher Fläche etwa so viel Kohlenstoff wie ein 100-jähriger Wald. „Wenn durch die Nutzung eine einen Meter mächtige Moorschicht verloren geht, müsste zum Ausgleich über das Sechsfache an Fläche aufgeforstet werden und 100 Jahre ungestört wachsen“, so Felix Grützmacher.
Denn gelangt nach der Entwässerung Atmosphäre in den Torfkörper, emittiert der gespeicherte Kohlenstoff als Treibhausgas Kohlendioxid – und nicht nur das: es entsteht auch Lachgas, dessen klimaschädliche Wirkung fast dreihundertmal höher ist als die von Kohlendioxid. Was also jahrtausendelang eingeschlossen war, entweicht nach der Zerstörung des Moores durch den Menschen innerhalb kurzer Zeit in die Atmosphäre. Damit ist die Moorzerstörung mittlerweile für fünf Prozent des Klimagas-Ausstoßes in Deutschland verantwortlich.
Bernd Pieper
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